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Religionsfreiheit Kardinal möchte in Saudi-Arabien Messe lesen

Kardinal Karl Lehmann will wissen, wie es um die Religionsfreiheit in muslimischen Ländern bestellt ist. Wenn in Europa repräsentative Moscheen gebaut werden könnten, dann wolle er auch in Saudi-Arabien Gottesdienst halten dürfen, sagte er auf dem Evangelischen Kirchentag.

Köln - Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, hat nachdrücklich Religionsfreiheit für Christen in islamischen Ländern gefordert. Wenn heute in europäischen Ländern repräsentative Moscheen gebaut werden könnten, "dann möchte ich in Saudi-Arabien Gottesdienst halten dürfen, ohne verhaftet zu werden", sagte der prominente katholische Kirchenführer am Samstag beim Deutschen Evangelischen Kirchentag in Köln. Es sei nicht hinnehmbar, dass etwa Kirchengemeinden in der Türkei keine Grundstücke für ihre Gotteshäuser erwerben dürften. Wirkliche Religionsfreiheit könne nur wechselseitig praktiziert werden.

Die Ablehnung deutscher Bürger gegen den Moscheebau könne er teilweise verstehen, erklärte Karl Lehmann, der auch Bischof in Mainz ist. Er wisse aus Gesprächen mit besorgten türkischen Gesprächspartnern, dass viele Moscheegemeinden "überrannt werden von fundamentalistischen Tendenzen".

Christen müssten bei der Auseinandersetzung mit dem Fundamentalismus in anderen Religionen auch "die nötige Kraft zur Selbstkritik" aufbringen, mahnte der Ratspräsident der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der Berliner Bischof Wolfgang Huber, vor mehr als 3000 Zuhörern in Köln. Die Bibel sei vom Heiligen Krieg des Alten Testamentes bis zur Bergpredigt "die Geschichte der allmählichen Distanzierung Gottes von der Gewalt", meinte der Theologe. Es gehöre zu den "tragischen Zügen des Christentums", dass die Kirche diese Geschichte der Gewalt nachvollzogen habe.

In den vergangenen Tagen war es auf dem Kirchentag zu heftigen Diskussionen zwischen Wolfgang Huber und muslimischen Vertretern gekommen. "Deutschland tut sich schwer, nicht-christliche Religionsgemeinschaften als gleichwertig zu akzeptieren", sagte Ayyub Axel Köhler vom Zentralrat der Muslime in Deutschland. Huber habe bislang nicht mit öffentlichen Äußerungen zum Abbau von Vorurteilen gegenüber Muslimen beigetragen, kritisierte auch Bekir Alboga vom türkischen Religionsverband DITIB. Huber hatte die Vorwürfe zurückgewiesen.

Zum Umgang mit Afrika äußerten sich heute Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundespräsident Horst Köhler auf dem Kirchentag. Merkel ermahnte dazu, den afrikanischen Staaten gegenüber nicht überheblich aufzutreten. Die Kanzlerin forderte weiter soziale und umweltpolitische Mindeststandards, die global gelten müssten. Die Ergebnisse des G-8-Gipfel in der Umweltpolitik lobte Merkel überschwänglich.

Auch Bundespräsident Horst Köhler hat den Europäern Arroganz gegenüber Afrika vorgeworfen. "Es wird immer noch von oben nach unten geschaut". Europa gebe sehr viel Geld für Entwicklungshilfe aus, schaffe es aber nicht, die Zusammenarbeit auf eine gleichberechtigte Ebene zu bringen, auch weil man noch zu sehr in den kolonialen Denkweisen verhaftet sei, sagte Köhler und fügte unter dem Applaus des Kirchentag-Publikums hinzu: "Aber wir dürfen die Afrikaner nicht für dumm verkaufen."

Der Bundespräsident kritisierte, dass noch zu sehr in den herkömmlichen Strukturen gearbeitet werde. Der frühere Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) schloss dabei ausdrücklich IWF, die Weltbank und die G-8-Staaten in seine Kritik mit ein.

Einen Tag vor Ende des Kirchentags in Köln zogen die Organisatoren eine positive Bilanz. Kirchentagspräsident Reinhard Höppner erklärte, die Veranstaltung sei in Köln angekommen und angenommen worden. Insgesamt sei es ein "ausgesprochen heiterer und fröhlicher Kirchentag" gewesen. Die Veranstalter sprachen von annähernd 110.000 Dauerteilnehmern, hinzu kamen rund 50.000 Tagesteilnehmer. Beim Abend der Begegnung - einem Straßenfest in der Kölner Innenstadt nach dem Eröffnungsgottesdienst - zählten die Organisatoren sogar rund 400.000 Menschen.

anr/dpa/AP/ddp