Seit Mitte Juni 2023 ist die Kaufhof-Filiale in der Nürnberger Königstraße geschlossen. Die Räumlichkeiten stehen inzwischen seit geraumer Zeit leer. Was also tun mit dem brachliegenden Baukoloss inmitten der Innenstadt? Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat sich dafür ausgesprochen, die Immobilie komplett abzureißen. "Das Kaufhof-Gebäude ist nicht das allerschönste in Nürnberg. Es ist nicht so, dass die Nürnberger in Ohnmacht fallen, wenn sie das sehen", erklärte der Parteichef im Zuge einer Pressekonferenz der Nürnberger CSU-Stadtratsfraktion vor rund zwei Wochen. Das sehen die Nürnberger Altstadtfreunde ähnlich, die ihn in einer Stellungnahme zu dem Thema unterstützen.

Umgekehrt spüre man, dass man etwas tun müsse, weil das Warenhaus nun einmal nicht mehr existiere. "Die Stadt Nürnberg überlegt, ob man da nicht etwas Neues machen kann", sagte Söder. Denkbar seien etwa ein Kongresscenter oder Cafés. "Ich finde das super", hielt der 57-Jährige fest. Zugleich wies er darauf hin, sich nicht die Chance für einen entsprechenden Neuanfang vor Ort nehmen zu lassen. Bevor der alten Immobilie "hundertmal ein Gebäude-Botox" unterzogen und das Gebäude damit genauso oft verändert werde, hält es der Ministerpräsident offenkundig für ratsamer, die Räumlichkeiten vollständig zu ersetzen. "Ich plädiere eher fürs Abreißen", sagte Söder beim CSU-Treffen in Nürnberg am 9. Februar vor Medienvertretern. 

Update vom 05.03.2024: Altstadtfreunde Nürnberg unterstützen Söders Forderung nach Kaufhof-Abriss

Karl-Heinz Enderle, Vorstand der Altstadtfreunde Nürnberg, habe Söders Abriss-Vorstoß überrascht, allerdings stimmt er dem Vorschlag zu, wie er in einer Stellungnahme von Dienstag (5. März 2024) erklärt.

Denn das Kaufhof-Gebäude werde in seinem Verein schon lange verachtet: "Damals gründeten sich die 'Freunde der Altstadt', unser Vorgängerverein, aus Protest gegen den als unpassend empfundenen Entwurf". Die Ablehnung des Bauwerks liege quasi in der DNA des Vereins, schreibt er weiter in der Stellungnahme.

Bereits im Oktober habe Enderle die Unterschutzstellung des Gebäudes kritisiert, "zumal der, das Stadtbild störende Klotz in den Sechzigerjahren noch einmal stark verändert wurde". Auch der Aussage, dass gerade eine Umgestaltung der Immobilie die Denkmaleigenschaft untermauern würde, widerspricht der Vorstand der Altstadtfreunde Nürnberg. Der Hauptpost habe man nämlich wegen der zu starken Veränderung des Originalcharakters die Denkmaleigenschaft verweigert.

Erstmeldung vom 22.02.2024: Söder für Kaufhof-Abriss in Nürnberg - Grünen üben Kritik: "In keiner Weise durchdachter Schnellschuss"

Die Stadtratsfraktion der Christsozialen sprach von einer "wegweisenden Pressekonferenz" mit dem Ministerpräsidenten, Oberbürgermeister Marcus König (ebenfalls CSU) und dem CSU-Fraktionsvorsitzenden Andreas Krieglstein. "Gemeinsam setzten sie klare Zeichen für die Zukunft Nürnbergs", heißt es in dem entsprechenden Facebook-Post der Fraktion vom 9. Februar. Wie von Söder geschildert, könnte der ehemalige Kaufhof laut Auffassung der Nürnberger CSU zu einem "innovativen Campus und Kongresszentrum" werden.

"Die CSU-Fraktion denkt hier mutig und bringt auch eine Entkernung oder einen Ersatz des Gebäudes ins Spiel. Hier dürfen keine Gedankenschranken existieren", ist weiter zu lesen. Mit einem neuen sogenannten "ConventionCenterCity" könnte Nürnberg demnach eine "zukunftsweisende Infrastruktur" schaffen, die Kongresszentrum, Bildung und Einzelhandel vereine.  

Vor allem Söders Abriss-Vorstoß sorgt derweil für Kritik - nicht zuletzt, weil das ehemalige Warenhaus seit vergangenem Jahr unter Denkmalschutz steht. Die Nürnberger Grünen-Landtagsabgeordneten Verena Osgyan und Sabine Weigand sowie der Bundestagsabgeordnete Sascha Müller bezeichneten den Vorschlag des CSU-Vorsitzenden als "in keiner Weise durchdachten Schnellschuss". Laut ihrer Ansicht brauche der ehemalige Kaufhof ein "schlüssiges Umnutzungskonzept", heißt es in einer Pressemitteilung der Grünen vom 14. Februar. 

Kaufhof-Gebäude steht unter Denkmalschutz - Grünen-Politikerin hält Abrissdebatte für "völlig verfrüht"

"Auch ein Markus Söder kann sich nicht einfach über das bayerische Denkmalschutzgesetz hinwegsetzen“, wird Sabine Weigand zitiert. Die denkmalpolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion ist Mitglied des Landesdenkmalrats. "Dass der Ministerpräsident öffentlich zum Abriss des denkmalgeschützten Kaufhof-Gebäudes rät, legt die Axt an den Denkmalschutz", moniert sie. Dieser habe in Bayern Verfassungsrang und könne auch von Markus Söder nicht "nach Gutsherrenart" außer Kraft gesetzt werden.

"Der denkmalgeschützte Kaufhof ist ein herausragendes Symbol für die großartige Leistung des Wiederaufbaus im stark zerstörten Nürnberg", so Weigand. Sie weist darauf hin, dass noch kein denkmalfachliches Gutachten vorliege. "Wir wissen nicht, in welchem Zustand die Bausubstanz ist. Es ist völlig verfrüht, jetzt eine Abrissdebatte zu führen", betont die Grünen-Abgeordnete. Zunächst müsse untersucht werden, was in dem 1950 errichteten Kaufhausgebäude möglich sei. 

Weigands Parteifreundin Verena Osgyan kann sich der Mitteilung zufolge verschiedene Nutzungsszenarien vorstellen. "Die Idee, darin ein Kongresszentrum einzurichten, hat Charme und bietet Synergien, auch zugunsten Hotellerie und Gastronomie", wird die stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion und Betreuungsabgeordnete für Nürnberg-Nord zitiert. Ihrer Meinung nach sollte aber auch eine mögliche kulturelle Nutzung oder die Ansiedlung von Bildungsangeboten noch einmal vertieft geprüft werden. 

City Point und Co.: Nürnberger Grünen-Abgeordnete weist auf "zunehmende Leerstände im Zentrum" hin

"Zudem warne ich davor, das gerade für Nürnberg immens wichtige Thema der zunehmenden Leerstände im Zentrum hier auf ein einzelnes Gebäude zu fokussieren", so Osgyan. "Mit City Point und anderen Objekten haben wir hier buchstäblich noch wesentlich mehr Baustellen." Der seit Jahren verwaiste "City Point" in der Breiten Gasse soll zum "Altstadt Karree" werden. Nach der Insolvenz des Projektentwicklers im vergangenen Jahr ist aktuell allerdings ungewiss, wie es mit dem geplanten Einkaufszentrum weitergeht.

"Was wir vom Freistaat brauchen, sind mehr Fördermittel für die Innenstadtentwicklung insgesamt, um ein schlüssiges Gesamtkonzept umzusetzen", erklärt Osgyan. "Denn an sich hat unsere Nürnberger Innenstadt auch im Vergleich zu anderen Städten viel Potenzial und eine hohe Nutzerfrequenz."

Das denkmalgeschützte Giraffenhaus im Nürnberger Tiergarten wird indessen saniert. Das Zoogebäude erhält zudem einen Erweiterungsbau mit Innenauslauf. Weitere Nachrichten aus Nürnberg und Umgebung findest du in unserem Lokalressort.