Wegen Aiwanger
Höchstadts Bürgermeister tritt bei Freien Wählern aus
Hubert Aiwanger und Gerald Brehm
Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger (links) bei seiner berühmt gewordenen Rede in Erding: Unter anderem deshalb verlässt der Höchstadter Bürgermeister Gerald Brehm (rechts) die Partei. // Matthias Balk/dpa - Andreas Scheuerer
Andreas Scheuerer von Andreas Scheuerer Fränkischer Tag
Höchstadt a. d. Aisch – Bürgermeister Gerald Brehm möchte bei der nächsten Kommunalwahl nicht mehr antreten. Zudem zieht er weitere politische Konsequenzen - wegen seines Partei-Chefs Hubert Aiwanger.

Gerald Brehm ist kein Mann, der gerne in verschlüsselten Botschaften spricht. Insofern war es überraschend, dass der Höchstadter Bürgermeister am Dienstagvormittag in sein Büro zitierte, ohne den Grund für den angesetzten Termin vorab bekanntzugeben. Lediglich den Zusatz, es handle sich um eine „persönliche Angelegenheit“, hatte Brehm die Woche zuvor beiseitegestellt, was den Interpretationsspielraum weit offen ließ, aber schon im Vorfeld zeigen sollte: Es ist wichtig.

Flugblattaffäre, Erding: Aiwanger ist Brehm zu weit rechts

Gerald Brehm will sich aus seinem politischen Amt zurückziehen. Das kündigte der Bürgermeister von Höchstadt am Dienstag in einem Pressegespräch im Rathaus an. Zwar werde er die Amtsgeschäfte bis zu den Kommunalwahlen 2026 weiterführen, eine erneute Kandidatur schließt der 62-Jährige der Jungen Liste jedoch kategorisch aus. Zudem kündigte Brehm seinen Austritt als Einzelmitglied bei den Freien Wählern an und begründete dies mit parteiinternen Richtungsdebatten.

Bürgermeister Gerald Brehm
Gerald Brehm will sich von seinen politischen Ämtern zurückziehen // Andreas Scheuerer

Während das Aus als Bürgermeister von vielen politischen Beobachtern bereits erwartet wurde, kommt der Rücktritt bei den Freien Wählern überraschend. Grund dafür sei hauptsächlich die ideologische Entwicklung der Partei und der „Personenkult“ um Parteichef Hubert Aiwanger, erklärte Brehm. Dieser habe die Partei zu weit nach rechts geführt. „Es ist bedauerlich, aber die Freien Wähler stehen inzwischen klar rechts der CSU“, konstatierte der Bürgermeister. Das wolle und könne Brehm nicht länger mittragen.

„Wir müssen Demokratie nicht zurückholen“

Brehm, der seit 1996 Mitglied der Partei ist und zu Beginn überregionale politische Ambitionen verfolgte, kritisiert eine Abkehr von der Sachpolitik. Dies sei für den Bürgermeister jedoch immer der Grundbaustein der Freien Wähler gewesen. Auch der Auftritt Aiwangers in Erding sowie die Flugblatt-Affäre hätten zu Brehms Entscheidung maßgeblich beigetragen. „Wir müssen uns die Demokratie nicht zurückholen, sondern sie verteidigen. Gerade wenn man den Blick weitet, fällt auf, dass die Demokratie gefährdet ist, wir müssen wieder zurück zur Mitte kommen“, sagte der Bürgermeister. Einen Austausch mit Aiwanger über den Austritt habe es bislang nicht gegeben.  

Brehm steht mit seiner Kritik an der Partei nicht alleine da. Vor Kurzem hat sich ein Ortsverband der Freien Wähler bei Aschaffenburg klar von Aiwanger distanziert und angekündigt, sich von der Partei lösen zu wollen. Derzeit strebt der Ortsverband eine Umbenennung an. 

Zwar will Brehm die Lebensleistung Aiwangers nicht herabwürdigen, das zögerliche Verhalten in der Flugblatt-Affäre des Freie-Wähler-Chefs sowie deren Politisierung im Nachgang habe Brehm und viele Parteikollegen jedoch abgeschreckt. Da habe er „mehr Demut“ erwartet, stattdessen habe man die Zwischenfälle genutzt, um die Gesellschaft aufzustacheln. „Ich möchte mit meinem politischen Vermächtnis für eine freie, offene und kritische Gesellschaft stehen und nicht für ungarische Verhältnisse sorgen.“

Fraktionsstatus will Brehm behalten

Seinen Fraktionsstatus im Kreistag will Brehm trotz allem behalten. Der Bürgermeister betonte, dass er auch den Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler Karsten Fischkal weiter unterstützen wolle und mit ihm gemeinsam sachpolitisch Themen voranbringen werde.

Auch als Bürgermeister sieht Brehm noch großen Herausforderungen in den nächsten zweieinhalb Jahren auf sich und die Stadt Höchstadt zukommen. So wolle er in seiner Amtsperiode den Straßenausbau voranbringen. Auch den Bereich Bildung wolle er bis zu den Kommunalwahlen 2026 weiter stärken und unter anderem zwei Erweiterungsbauten für die Mittelschule umsetzen. Ein neues Gymnasium, das der Kreistag bereits Anfang des Jahres im Bereich Höchstadt diskutiert hat, werde es in seiner Amtszeit hingegen nicht mehr geben.

Das will Brehm als Bürgermeister noch voranbringen

Zusätzlich will Brehm den Flächennutzungsplan fertigstellen, durch den die Stadt in die Lage versetzt werde, Wohngebiete schneller auszuweisen. Gerade aufgrund der wachsenden Gemeinde sei dies notwendig, erklärte Brehm. Auch in Sachen Energiewende werde sich die Stadt in den kommenden Monaten zukunftsfähig aufstellen, kündigte Brehm an. Ein Klimamanager, der zu Jahresbeginn seine Stelle antreten soll, habe bereits ein fertiges Konzept. Brehm will damit eine Vision vorgeben, was die Stadt im Bereich Klima binnen 20 Jahren erreicht haben soll.

Seine Nachfolge ist bislang nicht geregelt, auch wenn Brehm bereits Kandidaten im Blick habe, wie er verriet. Man werde bis zum neuen Jahr eine Person bekanntgeben.

Am Ende seiner Amtszeit wird Gerald Brehm 30 Jahre lang Bürgermeister von Höchstadt gewesen sein. „Wenn die Gesundheit mitspielt“, wie er sagt. Bislang gebe es diesbezüglich aber keine Beschwerden. Den Grund für sein Ausscheiden formuliert Brehm kurz: „Nach 30 Jahren ist es gut“. Er sei der dienstälteste Bürgermeister im Landkreis und auch wenn es die Wähler immer mitgetragen hätten, wolle er nicht in eine „gewisse Routine“ verfallen.

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